Dolly Hüther
Was Sie immer schon über Dolly Hüther wissen wollten.
Nachweihnachtliche Geschichte
Seit Wochen fällt mir etwas auf. Ich habe ein Defizit. Es besteht darin, daß ich keine Vorweihnachtliche Grundausstattung besitze, auch nicht die kleinste Variante. Ach, Sie wissen nicht, was dazu gehört? Ja, das sind die Dreiecke oder Bögen mit Birnchen in den Fenstern. Bunte Lämpchen rasen in elektrischem Tempo vor und zurück, andere blinken. Der Vielfalt sind keine Grenzen gesetzt. Da gibt es leuchtende Sterne mit Schweif, ganz in Rot oder Weihnachtsmotive, mit der Sprühdose, auf die Scheiben gezaubert. Die von den Kindern gebastelten Sterne scheinen mir noch am angebrachtesten. Aber die Krone ist ein Kreis, in Lila, Rot oder Blau, entweder von innen nach außen oder von außen nach innen pulsierend. Alles leuchtet, glitzert, funkelt. Schön, da haben sich Christen auf das Kommen des Herren vorbereitet. Ein Licht wird dir leuchten in der Finsternis. An den Fenstern haben Frauen, buntes Spielzeug fromm geschmückt .
Sind es die Frauen?
Am Neujahrstag haben wir, mein Mann und ich, eine Wanderung gemacht. So durch die Straßen. Eine Nachweihnachtliche oder eine Nachsilversterliche? Wir waren wie zwei ausgelassene Kinder. Wir fingen an, die Vorweihnachtlichen Grundausstattungen zu zählen. Wir begrüßten jede Neue und schätzten wieviel in einer Straße sein könnten. Diese Vorweihnachtlichen Grundausstattungen brennen bei Tag und Nacht, und außerdem sind sie in fast jedem Fenster zu finden. Ich habe mir so meine Gedanken gemacht. Es ist doch weitestgehend bekannt, daß um:
Eine Kilowattstunde Strom herzustellen, 840g CO² produziert werden - also dadurch CO² entsteht und das ist nachweißlich das Kernstück der Klimakatastrophe.
Bei den Stadtwerken wollen sich Fachleute einmal mit der Energieverschwendung beschäftigen, die dadurch verursacht wird. Sie wollen den Verbrauch hochzurechnen. Damit ist auch für nächstes Jahr ein Appell an alle Bügerinnen und Bürger geknüpft, doch bitte zu sparen. Aber dann eine Entdeckung in der Memelstraße, die mir fast den Atem geraubt hat. Zuerst frage ich nur zögerlich meinen Mann:
„Stellst Du auch etwas fest? Bist Du deshalb so ruhig?“
Wir haben fast miteinander bemerkt, daß die Häuser mit der Vorweihnachtlichen Grundausstattung auch den meisten Silvester-Knaller-Müll vor den Türen haben. Die Fröhlichkeit ist verflogen. Denken, weiterdenken...
Christen feiern das Fest der Geburt Jesu. Sie schmücken ihre Fenster und verschwenden Energie. Sie knallen an Silvester. Und, zur gleichen Zeit sterben täglich 40 000 Kinder, weltweit. Es werden 140 000 000 Mill. DM verpulvert und die Umwelt schwerstens belastet. Jetzt bin ich fast verzweifelt. Ich hole mir bei einigen meiner Bekannten Rückmeldungen über meine Gedanken und erkundige mich, wie sie darüber denken. Schon wieder Erstaunen auf meiner Seite.
Viele sagen: „Du kannst den Menschen doch nicht das Feiern verbieten! Oder Du hast keinen Humor?"
Habe ich keinen Humor? Will ich den Menschen das Feiern verbieten? Nein! Trotzdem räume ich meine Zweifel aus. Denn selbst wenn, wie ich jetzt weiß, diese Grundausstattungen teilweise aus dem Erzgebirge kommen und von dieser Arbeit eine ganze Region lebt, ist es nie und nimmer gerechtfertigt, diese Lichter über Wochen Tag und Nacht brennen zu lassen.
Weiterdenken, weiterdenken.
Es ist erlaubt.