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Dolly Hüther

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Wow - Ich bin Oskar

29. März 2013 Dolly Hüther

Wie mein Frauchen auf diesen Namen gekommen ist, bleibt mir ein Rätsel. Nun - so heiße ich halt. Immerhin ist es ein nicht gerade geläufiger Name für einen Hund. Hier in Essen-Kettwig stört sich kaum jemand daran. Aber mein inzwischen zugezogenes Herrchen fährt des Öfteren zu seiner Mutter. Und die wohnt im Saarland, genau, in Saarbrücken.

Dort flanierten wir drei einmal shoppend durch die Einkaufsstrasse. Für mich ist dieses Pflaster einfach toll. An besagtem Tag hatte ich meinen Trinknapf bis auf den letzten Tropfen leer geschlürft. Ziemlich viel Wasser, klar. Wie das Ergebnis, an jedem Baum hob ich ein Bein. Bald schon angenervt knurrte mein Betreuer an der Leine, Oskar, jetzt piss doch mal nicht an jeden Baum!

Ich konnte nicht ahnen, welche Wirkung dieser Befehl bei den Passanten auslöste. Hatte ich etwas falsch gemacht? Oder mein Herrchen etwas Falsches gesagt? Meinetwegen musste er schließlich alle paar Meter stehen bleiben. Wieso schüttelten sogar einige Personen den Kopf? Was oben rein kommt, muss auch unten wieder raus. Das weiß sogar ich! Da hörte ich seine Mutter sagen, na ja, die Leute haben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an den berühmteren Oskar im Saarland gedacht.

Wie, gibt es in Saarbrücken noch mehr Hunde namens Oskar? Ich spitzte die Ohren, als ich sie sagen hörte, an den Gesichtern kannst du ablesen, wie beliebt er bei den Saarländerinnen und Saarländern ist. Als Politiker ist er hier halt sehr bekannt. Nun, das erklärt einiges. Die Bürgerinnen und Bürger drehen sich neugierig um, in der Erwartung, sie treffen besagten saarländischen Oskar. Sowieso sind meine Begegnungen mit dieser alten Frau erhellend. Mal für sie, mal für mich. –

Anfangs hatte sie einen regelrechten Bammel vor mir. Wie nennt mein Frauchen das doch gleich? Eine Hundephobie! Wieso das denn? Da hörte ich, diese Abwehr sei halt dadurch entstanden, dass sie viermal im Leben von einem Hund gebissen worden ist. Beweisführend hakte sie einen krummen Zeigefinger in die Luft. Aber ich, Oskar, ich beiße doch nicht. Wieso spürt sie das nicht? Dass ich nur gekrault und gestreichelt werden möchte. Soo klein und soo lieb, wie ich bin? Und wenn sie es schon nicht spürt, sieht sie doch auf den ersten Blick, dass ich kein Kampfhund bin, sondern ein Beagle. Meine Besitzerin gibt sich echt Mühe, dieser Person die Angst zu nehmen. Und wirklich, sie verändert sich. Da bekomme ich von ihr schon mal ein Leckerli zugesteckt, obwohl ich keines verdient habe. Aber was macht die Ängstliche? Kurz bevor ich es schnappen will, lässt sie es fallen und zieht blitzartig die Hand zurück.

Aber im vergangenen Jahr, als sie uns zu Silvester wieder einmal besuchte, passierte Folgendes. Wie fast alle Tierfreunde und –freundinnen wissen, ist die Knallerei in dieser Nacht für viele Vierbeiner eine reine Tortur. Und wo könnt Ihr mich da finden? Unter dem Sofa. Da bin ich halbwegs froh, wenn ich vertraute Beine vor mir sehe und meine Leute um mich herum sind. Denn an diesen Tagen habe ich Angst. Und panisch, wie ich war, bin ich unserer Besucherin einfach auf den Schoß gesprungen. Ich wollte ihr zeigen, dass nicht nur sie Angst kennt. Und – erstaunlich, wir Angsthasen haben diese Situation ausgehalten, regelrecht gemeistert. Mit einem Anflug von Stolz dachte ich an eine mögliche Spontanheilung.

Als unsere Besucherin wieder nach Saarbrücken fuhr, fiel mir nichts Bessres ein als diesen bekannten traurigen Hundeblick an den Tag zu legen; zu sehr hatten wir uns aneinander gewöhnt. Noch in bedrückter Stimmung trottete ich etwas später in das Zimmer, das sie immer bezieht, wenn sie bei uns zu Besuch ist. Hier lag noch ihr gewisser Duft in der Luft, den ich auch auf den Dingen erschnüffelte. Aber was sah ich da auf dem Fußboden liegen? Ein kleines rundes, sparsam glitzerndes Ding. Und welche Spuren habe ich gerochen? Die des Geruchs meiner inzwischen geliebten Person. Wie mach’ ich es jetzt, überlegte ich kurz, dass meine Leute im Haus auf meinen Fund aufmerksam werden? Ihn stur bewachen! Das bedeutete, die Bauchlage einzunehmen, die Vorderpfoten auszustrecken, den Kopf dazwischen lagern und die Hinterbeine unter den Körper ziehen. So, jetzt konnten die da unten bellen, so lange sie wollten, ich rührte mich nicht von der Stelle. Aha, ich sollte mit ihnen laufen und spazieren gehen. Ich dachte ja nicht dran. Hier roch es so gut nach derjenigen, die sich Silvester so liebevoll an mir festgehalten hatte. Oha, die Schreie meiner beiden Leute, mit denen ich sonst gern umherlief, wurden immer lauter und eindringlicher. Ich blieb stur. Sie sollten sich das ansehen kommen. Ich bewachte doch etwas, das der lieben Frau gehörte. Da, plötzlich hörte ich mein Frauchen die Treppe stürmen und ins Zimmer brüllen: Auf Oskar, wir wollen raus! Ich hob kurz den Kopf und senkte ihn wieder, diese Geste sollte signalisieren: Nein, ich stehe nicht auf. Sieh doch mal genauer her. Da endlich fiel ihr Blick auf das vor mir liegende Glitzerding. Sie hob es auf und rief nach meinem Herrchen. Stell dir vor, hier sitzt Oskar und bewacht auf dem Boden den Ring deiner Mutter. Endlich bemerkten die beiden meine Leistung. Der Mann streichelte mich anerkennend und murmelte was von bravem Hund. Er wolle es sofort seiner Mutter berichten; denn was, wenn morgen die Zugehfrau gekommen wäre und den Ring nicht entdeckt hätte. Der wäre doch wahrscheinlich im Staubsauger gelandet.

Was hörte ich bei dem Telefongespräch, das die beiden führten? Es sei ihr Türkisring mit sechs Brillianten? Eines ihrer teuersten Schmuckstücke, die sie besitze. Als wenn ich den Braten nicht gerochen hätte. Als ob ich für Tand liegengeblieben wäre. Ihr Einfältigen – Herrchen wie Frauchen – , ihr solltet besser auf mich hören, auf Oskar, den unterschätzten Hund.